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Piqd vor allem beim Deutschlandfunk die Rosinen heraus, wann immer es bei dem Sender um Europa geht. Als Korrespondent mit Sitz in Polen geht der Blick vor allem nach Osten.
Geboren 1968 in Braunschweig. Studium der slawischen Sprachen und der Geschichte Osteuropas in Kiel, Sankt Petersburg und im sibirischen Irkutsk. Langjährige Tätigkeit als außenpolitischer Redakteur bei norddeutschen Tageszeitungen. Seit 2010 freier Osteuropa-Korrespondent für Print- und Online-Medien in Warschau und Berlin.
Es ist ein extrem schwieriges Thema, dem sich Florian Kellermann in seiner DLF-Rezension zu Pawel Lisickis Buch Blut an unseren Händen? widmet: Wie stark war der Antisemitismus vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg in Polen? In welchem Maß haben Polen mit den Nazis bei der Judenvernichtung kollaboriert? Und welche Folgen hat all das für die Historiographie zur Geschichte Polens im 20. Jahrhundert?
Kellermann arbeitet sehr konsequent zwei Positionen heraus, die es in der polnischen Debatte dazu gibt. Zum einen ist das Lisickis rechtskonservativ-nationalistische Grundthese, Polen als „Christus der Völker" (Adam Mickiewicz) sei zuallererst und im Grunde ausschließlich eine unschuldige Opfernation. Die Gegenthese wird von Lisicki unterstellt und verbindet sich mit dem Namen des umstrittenen Holocaust-Forschers Jan Tomasz Gross. Demnach war der Antisemitismus im Polen des 20. Jahrhunderts tief verwurzelt. Es gab eine Kollaboration mit den Nazis im großen Stil, und damit trägt Polen tatsächlich eine Mitschuld am Holocaust.
Leider versäumt es Kellermann, wenigstens kursorisch die aktuelle Forschungslage zu skizzieren, deren gründliche Analyse beide Positionen als krasse Überzeichnungen entlarvt. Es gab, wie in fast dem gesamten Europa jener Zeit, einen weit verbreiteten Antisemitismus in Polen. Es gab Nazi-Kollaborateure und vereinzelte antijüdische Pogrome. Das ändert aber nichts daran, dass Polen selbstverständlich zuallererst Opfer der Nazis und des von Deutschland entfesselten Weltkriegs war. Es gab rund drei Millionen jüdische und fast ebenso viele nichtjüdische Todesopfer polnischer Nation. Warschau wurde dem Erdboden gleichgemacht, andere Städte großflächig zerstört. Last but not least fiel Polen nach dem Krieg unter Sowjetherrschaft.
Es tut dem Gedenken an das Grauen, das die Deutschen über Polen gebracht haben, allerdings keinen Abbruch, an die Verbrechen polnischer Täter zu erinnern. Im Gegenteil: Wer sie verharmlost oder leugnet, disqualifiziert sich selbst.
Quelle: Florian Kellermann deutschlandfunk.de
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Eine derartige Debatte wäre vor 2 Jahren noch undenkbar gewesen.