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Kurator'in für: Flucht und Einwanderung Literatur Fundstücke Zeit und Geschichte
Dissertation über John Berger (Dr. phil.). Seine Essays und Interviews, seine Reportagen und Rezensionen erscheinen u. a. in Neue Zürcher Zeitung, Blätter für deutsche und internationale Politik, Sinn und Form, Jacobin und Lettre International. Als Historiker wertet er den in der Berliner Staatsbibliothek vorliegenden Nachlass seines Vaters aus. So erschienen »Die Bismarcks. Eine preußische Familiensaga vom Mittelalter bis heute« (2010, zusammen mit Ernst Engelberg) oder die von ihm herausgegebene Neuedition von Ernst Engelbergs »Bismarck. Sturm über Europa« (2014). Als Buchautor publizierte er zuletzt das literarische Sachbuch »An den Rändern Europas« (2021).
Mit PUTINS NETZ schrieb Chaterine Belton ein profundes Standardwerk, an dem sie 20 Jahre arbeitete.
Die ausgewiesene Kennerin der Entwicklungen im postsowjetischen Raum fasst in einem seltenen Gespräch viele Erkenntnisse zusammen: von den persönlichen Verbindungen, die bereits Ende der 1980er-Jahren entstanden und bis heute wirken, über den Kampf gegen die Mafia, der zu einer Verbindung zu dieser führte, bis hin zu der frühen Orientierung des heutigen Gewaltherrschers hin auf das zaristische Russland:
Schon 1994, in seinem ersten Interview nach der Wahl zum ersten Vizebürgermeister von St. Petersburg, sprach er von den Sowjetrepubliken, einschließlich der Ukraine, als künstlichen Gebilden, die kein eigenstaatliches Existenzrecht hätten. Er beschuldigte die Bolschewiki, Russland mutwillig in Einzelstaaten zerstückelt und so den Zerfall des Reiches herbeigeführt zu haben. Schon damals richtete sich sein Blick also auf das zaristische Russland.
Belton berichtet von kriminellen Verflechtungen, die weit in den Westen reichen, ja, ohne die Strohfirmen und Mittelmännern gar nicht macht- und kraftvoll sein könnten.
Einiges von diesem System entstand auch hierzulande – sogar in der immer heruntergespielten Zeit des heutigen Gewaltherrschers im Dresden der 1980er-Jahre. Immer tauchen neben Geheimdienstlern, Terroristen und Mafiosi Stützen aus dem Westen auf.
Bei aller Tiefenschärfe macht Catherine Belton deutlich, dass vieles noch im Dunkeln ist, aber eins ist gewiss: Infolge der sozialen Verwerfungen durch die Finanzkrise ab 2008, agierte man nicht nur mit und im Westen, sondern auch gegen diesen.
Auch in Osteuropa gibt es immer größere Teile der Bevölkerung, bei denen die ursprüngliche Begeisterung für den Westen dem Gefühl gewichen ist, von der Globalisierung abgehängt und vergessen zu sein. Diese Unzufriedenheit konnte Russland sich zunutze machen, um in diesen Ländern politisch Fuß zu fassen, sei es durch extremistische Gruppen jeder Couleur, sei es durch die Beschwörung traditioneller Werte oder vergangener Zeiten, in denen es noch soziale Sicherheit gab.
Einige Erkenntnisse von Chatherine Belton sind schwer zu verkraften. Sie erwartet im Herbst dieses Jahres, wenn die Sanktionen in Russland ernsthaft wirken und die Energiekosten für uns heftig steigen werden, eine Eskalation.
Werden Macron oder Scholz auf Selenskyj einwirken, als Gegenleistung für einen Frieden ukrainisches Territorium abzutreten? Schwer zu sagen. Ich weiß nicht mal, ob das eine Lösung wäre, denn wenn man Wladimir Putin einmal territoriale Zugeständnisse macht, wird er weitere fordern. Ich kann mir jedenfalls kein Szenario vorstellen, in dem er sich mit der Herrschaft über Teile der Ostukraine dauerhaft begnügen würde, ohne entweder Selenskyj zu entmachten oder weitere Gebiete der Ukraine für Russland zu beanspruchen. Es ist unmöglich zu wissen, was er vorhat, er könnte auch andere Länder angreifen, etwa die baltischen Staaten. Fest steht nur, dass wir auf unruhige und beunruhigende Zeiten zusteuern.
Quelle: Jochen Wegner fragt Catherine Belton www.zeit.de
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Klingt fast wie ein Hollywood-Triller und scheint doch wahr ….