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Zeit und Geschichte

Gestern & Heute: Der Traum ist aus – Der schreckliche 11. September

Achim Engelberg
schreibt, kuratiert, gibt heraus
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Achim EngelbergMontag, 11.09.2023

Nicht allein das Jahr 2001 mit seinen Anschlägen macht den 11. September zu einem planetarischen Gedenktag.

Vor einem halben Jahrhundert, am 11. September 1973, putschte in Chile das Militär unter Pinochet gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Allende.

Auch Deutsche mit NS-Vergangenheit waren unter den Tätern.

Neben einer historischen Doku, die die BBC während des Staatsstreichs drehte, empfehle ich die dreiteilige Dokumentation von Patricio Guzman aus den 1970ern, die zum 50. Jahrestag in der arte Mediathek bis zum 15. August 2026 zu sehen ist.

Der erste Teil zeigt den Kampf um die Macht.

Salvador Allende wollte den chilenischen Staat modernisieren und die Armut bekämpfen. Doch die Konservativen des Landes organisierten sofort nach seiner Wahl zum Präsidenten eine Reihe wilder Streiks, und das Weiße Haus drehte Chiles Wirtschaft den Hahn ab. Als sie begriffen, dass sie Allende mit legalen Methoden nicht ausschalten konnten, bereiteten sie den Putsch vor.

Der zweite Teil erzählt von der Zuspitzung im Jahr 1973 und dem Putsch. In der letzten Folge geht es um das nicht Eingelöste bei diesem Versuch, einen demokratischen Sozialismus aufzubauen.

In den Monaten vor dem Militärputsch in Chile versuchen die Anhänger des sozialistischen Präsidenten Allende, mit politischen und karitativen Aktionen einen «Staat im Staate» zu schaffen - als Gegengewicht zu den reformfeindlichen Kräften im Land, die unter anderem von der Nixon-Regierung in den USA unterstützt werden.

Und dann sei noch eine aktuelle Produktion empfohlen, die zum 50. Jahrestag entstanden ist. Sie stellt auch dar, wie der neoliberale Schrecken in den Anden begann: Chile: Träume, Terror, Neuanfang (bis zum 10. Dezember 2023 in der Mediathek).

Die Doku lässt prominente Zeitzeugen zu Wort kommen und blickt auf die Entwicklung des Anden-Staates. ... Unter der Führung von General Pinochet wird Chile zu einer Spielwiese des Neoliberalismus, der scheinbar ein Wirtschaftswunder bewirkt. Das Land wird zwar zu einem der reichsten der Region, die sozialen Ungleichheiten verschärfen sich jedoch weiter. Die Gesellschaft verfällt in Passivität, die Hoffnung auf ein gerechtes Miteinander aller Schichten gerät in Vergessenheit.

Auch deshalb ist es wichtig, an diese zerstörte Hoffnung zu erinnern.

Mit Rio Reiser kann man singen:

Der Traum ist aus

Aber ich werde alles geben, dass er Wirklichkeit wird

Gestern & Heute: Der Traum ist aus – Der schreckliche 11. September

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Kommentare 10
  1. Nutzer gelöscht
    Nutzer gelöscht · vor einem Monat

    I would like to use this chance to express my gratitude for all the help you have given me in developing a positive outlook and moving forward in my career. gacha life

  2. Nutzer gelöscht
    Nutzer gelöscht · vor 2 Monaten

    In den Sechzigerjahren herrschte eine triumphale Stimmung, die das Vertrauen in die revolutionäre Bewegung und deren Notwendigkeit stärkte. Dieser Optimismus hinderte marxistische Parteien und Intellektuelle daran, sich kritische Fragen zu einem institutionellen Übergang zum Sozialismus in Chile zu stellen.
    https://monde-diplomat...slope

    1. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor 2 Monaten

      Danke für diese Facette.

  3. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor einem Jahr

    Eine chilenische Sicht auf Allende:

    "Die triumphale Stimmung der Sechzigerjahre – einer optimistischen Zeit, was die Aktualität der Revolution und deren historische Notwendigkeit betraf – verhinderte, dass sich die marxistischen Parteien und Intellektuellen die entscheidenden Fragen zu einem institutionellen Übergang zum Sozialismus in Chile stellten. War denn angesichts des breiten Grabens, der sie von den fortschrittlichen Teilen der Christdemokratischen Partei trennte, an eine Verwirklichung des Sozialismus überhaupt zu denken? Wie sollte man denn in den Institutionen und in der Bevölkerung eine Mehrheit erreichen, wenn es nicht gelang, ein Bündnis für den Fortschritt zu schmieden?

    Es war die Hochphase der Unidad Popular, eine zukunftsverheißende und im Keim tragische Zeit. 1971 definierte Allende den chilenischen Sozialismus als freiheitlich, demokratisch und mit einem Mehrparteiensystem vereinbar. Damit wurde er zum Vordenker des Eurokommunismus. Er ging wesentlich weiter als die chilenischen Kommunisten, die von der orthodoxen Auffassung des zu errichtenden Sozialismus nicht abrücken wollten und sich an die Logik des „historischen Moments“ klammerten, in dem die „totale Macht“ übernommen werden müsse. Zwar schoben die Kommunisten diesen Zeitpunkt hinaus, hielten ihn aber für unverzichtbar. Parteichef Corvalán kleidete diese Perspektive in die bekannt gewordene und vielsagende Parabel: Der Zug des Sozialismus werde bis Puerto Montt im tiefen Süden Chiles kommen, doch einige Verbündete würden unterwegs aussteigen.

    Allende gelang es jedoch nicht rechtzeitig, seinen Weg vom institutionellen Übergang durch ein breites strategisches Bündnis aller progressiven gesellschaftlichen Kräfte zu verankern und eine solide Mehrheit in der Bevölkerung zu finden. Sein Weitblick war vergebens.

    Zu keinem Zeitpunkt seiner Regierungszeit war er bereit, seine humanistische Gesinnung zugunsten der Anwendung autoritärer Machtmittel preiszugeben, wie dies fast alle Präsidenten seit 1932 getan hatten, indem sie zu allen erdenklichen – legalen wie illegalen – Zwangsmaßnahmen griffen. Meines Erachtens war dies richtig, auch wenn es dazu führte, dass seine Gegner die „Revolution“ nicht fürchteten."

    https://monde-diplomat...

  4. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor einem Jahr · bearbeitet vor einem Jahr

    Nicht vergessen, bei aller Trauer und Wut:

    "Ein Traum wurde geträumt: Es würde endlich möglich sein, der sozialistischen Umwälzung ohne Gewalt und ohne Terror, der unter Castro schon bald einsetzte, zum Durchbruch zu verhelfen.

    Das war eine große Illusion, von der sich noch heute mancher Gedenkautor nicht verabschieden will. Denn die drei Jahre unter Allende waren Jahre eines nicht enden wollenden Chaos. Jahre wirrer Ideen und ebenso wirrer Reformen. Der Wunsch nach Partizipation, etwa der Arbeiter, war auf Demonstrationen immer gegenwärtig, die „Massen“ warfen ihr Gewicht in die Waagschale. Es gab aber keine Idee, wie der Wunsch nach mehr Demokratie mit dem, Gebot wirtschaftlicher Effektivität vereinbart werden könnte. Und es gab, trotz des Übervaters Allende, keine politische Autorität, die die Forderungen nach mehr Lohn und Fabrik- und Gesellschaftsdemokratie in realistische Bahnen hätte lenken können. Die verschiedenen Fraktionen der „Unidad Popular“ überboten sich vielmehr in ihrer Radikalität. Und Allende, der Mitfühlende, besaß nicht die Kraft, mit Autorität als Schiedsrichter aufzutreten. Eine linksradikale Organisation, das „Movimiento de Izquierda Revolucionaria“ (Bewegung der revolutionären Linken, MIR), bekämpfte offen den reformerischen Weg Allendes und propagierte den – aussichtslosen – bewaffneten Kampf. Es ist mehr als eine Pointe, dass ausgerechnet diese durchgeknallte Organisation zeitweise die Leibgarde des Präsidenten stellte. Allende fehlte das Augenmaß, mit der explosiven Situation des gärenden Landes umzugehen. Und er hatte viele schlechte Berater."

    https://schmid.welt.de...

    1. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor einem Jahr

      Schmids Artikel ist der perfekte Unpiq. Begründung folgt nach meiner Rückkehr.

  5. Lutz Müller
    Lutz Müller · vor einem Jahr

    Danke, ich versuche alles sukzessive anzuschauen.
    Zur Vernetzung mit Dirk Liesemers Piq kann ich auch noch etwas beitragen, habe eine neue Doku aus ARD History empfohlen:
    https://www.piqd.de/ze...

  6. Dirk Liesemer
    Dirk Liesemer · vor einem Jahr

    Diesen Text vom Chile-Kenner Urs Müller-Plantenberg wollte ich erst noch piqen, aber jetzt, da Du Dich ja auch noch mit dem Thema befasst hast, will ich wenigstens hier im Kommentarbereich darauf hinweisen: https://taz.de/50-Jahr...

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