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Volk und Wirtschaft

Amerikas Zukunft, demokratischer Sozialismus und die Generation Z?

Thomas Wahl
Dr. Phil, Dipl. Ing.
Zum Kurator'innen-Profil
Thomas WahlDienstag, 24.11.2020

Niall Ferguson und Eyck Freymann stellen die Frage nach Amerikas Zukunft, indem sie auf die Generationen und ihre politischen Präferenzen schauen. Immer wieder ist versucht worden, mit der Abfolge der Generationen die Wechsel von krisenhaften Phasen und politischer Neuordnung in der amerikanischen Geschichte zu erklären. Der Artikel hier versucht, dies nun sehr differenziert in die Zukunft zu projizieren. 

Jüngere Amerikaner, die Millennials und die Generation Z (zwischen 18 und 38 Jahre) sind gebeutelte Generationen. Sie
kämpfen mit der Last ihrer Studiendarlehen und Kreditkartenschulden. Ihre Reallöhne stagnieren, sie haben kaum Möglichkeiten, etwas anzusparen. Unter Umständen hätten sich diese Generationen durchaus der republikanischen Tea Party zuwenden können, die mit Privilegien aufräumen wollte (besonders, wenn es der Partei damit auch ernst gewesen wäre). Stattdessen stellen wir bei den jungen Wählern einen Linksrutsch fest, der sich in fast allen politischen Belangen manifestiert, seien sie wirtschaftlicher oder kultureller Art.
So driften die Parteien auseinander, die Demokraten werden zunehmend die Partei der Jungen.
Die Republikaner dagegen stützen sich immer mehr auf Pensionierte, besonders die vor 1945 geborene Silent Generation. Dazwischen stehen die Generation X (Jahrgang 1965–1980), die sich langsam nach links bewegt, und die Babyboomer (1946–1964), die eher gegen rechts tendieren.
Die politische Macht in Washington liegt jedoch fest in der Hand der älteren Generation – egal ob bei Republikanern oder Demokraten. Man könnte nun annehmen, die Zukunft gehört der Jugend und daher den Demokraten. Wenn es ihnen gelingt, die Generation Z und die Millennials (in 20 Jahren könnte deren Wähleranteil bei 62 % liegen) auf ihrer Seite zu organisieren, wird ein Linksruck möglich. 
Kernanliegen der Linksliberalen – Krankenversicherung für alle, ein Schuldenerlass auf Studiendarlehen, Reformen bei der Immigration, vielleicht sogar eine Version des kostenträchtigen Green New Deal – hätten eine gute Chance, Gesetz zu werden. Staaten, die heute fest in republikanischer Hand sind, könnten demokratisch, ein selbsternannter demokratischer Sozialist könnte Präsident werden.
Die Republikaner wären die Verlierer der Generationsdynamik, in der sich die politischen Sünden der Vergangenheit bündeln. So ist es kein Wunder, dass die Generation Z der Politik generell misstraut: dem Präsidenten, dem Kongress, der Finanzwelt, der Presse und den Social-Media-Plattformen. 
Grundsätzlich traut sie auch der Bundesregierung nicht; trotzdem sieht sie in dieser die einzige Instanz, die die Arbeiter vor der Macht der Großkonzerne schützen kann. Und nach wie vor glauben viele, die der Generation Z oder den Millennials angehören, dass die Regierung mehr tun sollte, um gesellschaftliche Probleme zu lösen.
Genau da liegt einer der Gründe, die eine unangefochtene Vorherrschaft der Demokraten verhindern könnten: die Wahlabstinenz großer Teile der Jugend. 
Seit 1980 liegt der Prozentsatz der Wahlberechtigten zwischen 20 und 30 Jahren, die bei den Präsidentschaftswahlen ihre Stimme abgeben, bei 40 bis 50 Prozent. Bei den Wählern, die 45 und mehr Jahre zählen, sind es zwischen 65 und 75 Prozent.
Dazu kommt, die etablierte Führungsriege der Demokraten ist überaltert und sieht die jugendlichen Newcomer als Radikale oder zumindest als problematisch an. Green New Deal und Sozialismus sind für sie Reizworte. Und nicht nur Trump tut alles um die (natürlichen?) Vorbehalte der Älteren vor einem tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel zu steigern.

Auch in der Political Correctness sehen die Autoren ein beträchtliches Spaltpotenzial für demokratische Wählerschaften. Und die Republikaner werden das nach Kräften ausnutzen.
Für viele ältere Wähler – und nicht nur für Konservative – ist der Campus zu einer befremdlichen Parallelwelt aus «safe Spaces», «Triggerwarnungen» und geschlechtsneutralen Pronomina geworden. Diese Hochschulpolitik könnten die Republikaner auf die nationale Agenda setzen – in der Hoffnung, ältere Demokraten und der Mitte zuneigende Babyboomer vom politischen Rivalen wegzulotsen, der sich zunehmend in den Dienst politisch korrekter Wertvorstellungen nehmen lässt.
Also Vorsicht mit Prognosen – meist kommt es anders als man denkt. Oder wie Ferguson und Freymann formulieren:
Ein einziger schwarzer Schwan könnte die Kinder von heute in Alexandria Ocasio-Cortez’ schlimmsten Albtraum verwandeln.
Amerikas Zukunft, demokratischer Sozialismus und die Generation Z?

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Kommentare 2
  1. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor 4 Jahren

    Ja, vielleicht kommt ein amerikanischer Gorbatschow oder Gorbatschowa. Möglicherweise scheitern auch diesmal die Reformen.

    Ich bin mir nicht sicher, ob man sich einen Gefallen tut, wenn man einen New Deal für unsere Zeit als demokratischen Sozialismus kennzeichnet.

    1. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 4 Jahren

      Das weiß ich auch nicht. Aber das sollten die Amerikaner selbst entscheiden ....

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