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Kurator'in für: Technologie und Gesellschaft Medien und Gesellschaft Klima und Wandel
Irgendwas mit Medien seit 1996, Typograph, Grafiker, Blogger. Ask me anything.
Vor rund zehn Jahren unterzeichneten alle 195 Länder der Welt das Abkommen von Paris, in dem sich die Nationen darauf einigten, die Erderwärmung durch anthropogenen, also menschengemachten Klimawandel auf "deutlich unter" 2°C gegenüber vorindustriellen Zeiten zu begrenzen und Anstrengungen zu unternehmen, sie unter 1,5°C zu halten. Diese vereinbarten Limits visierte man für das Jahr 2100 an, zwei oder drei Generationen in der Zukunft, in rund 75 Jahren. Man erinnert sich.
Im Juni meldete die NASA, alle der letzten 12 Monate hätten Temperatur-Rekorde aufgestellt und 11 davon die 1,5°C-Marke durchbrochen. Die durchschnittliche globale Temperatur von Juni 2023 bis Mai 2024 lag bei 1,63°C über dem vorindustriellen Niveau. Heute, wohlgemerkt -- nicht wie von Politik und Klimawissenschaft vor(her)gesehen im Jahr 2100.
Der Weltklimarat IPCC berechnet die maßgebliche, globale Durchschnitts-Temperatur, nach der sich das Pariser Abkommen richtet, anhand eines 20-Jahre-Mittels; mit dem Nachteil, dass wir erst nach 10 Jahren verbindlich wissen, ob und wann Werte und Limits in den Daten erreicht werden. Es gibt aber statistische Alternativen, die zeitlich näherliegende Werte stärker gewichten und es so erlauben, bereits heute aussagekräftige Aussagen zu treffen, ob und wann bestimmte Werte erreicht werden.
Carbon Brief hat nun alternative statistische Methoden auf globale Temperaturwerte aus unterschiedlichen Datasets angewandt und ausgerechnet, wann wir die unverbindlich ausgemachten Erderwärmungslimits des Paris Abkommens circa erreichen und überschreiten werden. Spoilerwarnung: Es ist nicht im Jahr 2100, und auch nicht ein paar Jahre vorher:
(Our) approach suggests that the world will pass 1.5C around the year 2030 (representing the 50th percentile, or central estimate, of all the model runs), with a range of anywhere from 2028 (5th percentile) up to 2036 (95th percentile).
Similarly, the world will pass 2C around the year 2048, with a range of 2040 to 2062 across all models assessed.
Nochmal deutlich: Die im Pariser Abkommen anvisierten globalen Limits werden nach dieser statistischen Methode nicht in 75, sondern in rund 10 beziehungsweise 25 Jahren erreicht. Und freilich: Noch wärmer geht immer.
Gleichzeitig findet ein Bericht der Unternehmensberatungen KPMG und Kearney einen weiteren Rekordverbrauch an fossiler Brennstoffenergie im Jahr 2023, der um weitere 1,5% vom Vorjahresniveau anstieg. Läuft.
Währenddessen wird die Klimapolitik weltweit aufgeweicht, konservative Politiker wie Markus Söder geben sich angesichts von Hochwasserkatastrophen ahnungslos und Klimaaktivisten landen für banale Vergehen und zivilen Ungehorsam im Gefängnis. In Mekka sterben über 1000 Menschen auf der Haddsch, wo seit Tagen über 50°C herrschen, US-amerikanische Städte wie Phoenix und New Orleans erreichen trotz vorherrschender Klimaanlagen lebensbedrohliche Temperaturen und in Neu-Delhi wurde mit 52,3 Grad ein neuer Temperaturrekord für Indien erreicht -- mit bislang über 100 Todesopfern. Eine Umfrage der UN mit 75.000 Teilnehmern aus 77 Ländern ergab, die Sorge um den Klimawandel sei "noch nie so groß" gewesen.
Als wir uns vor zehn Jahren als Weltgemeinschaft darauf einigten, die Erderwärmung durch menschengemachten Klimawandel bis zum Jahr 2100 auf 2/1,5°C zu begrenzen und (natürlich völlig unverbindlich) alles dafür zu tun, sagte der bekannte Klimatologe und ehemalige NASA-Wissenschaftler James Hansen, der im Jahr 1988 der erste war, der vor dem US-Kongress vor den Folgen eines ungebremsten Klimawandels warnte, die getroffene Übereinkunft sei "a fraud, really", es sei "bullshit" und "worthless words".
There is no action, just promises. As long as fossil fuels appear to be the cheapest fuels out there, they will be continued to be burned.
Und so lange das so ist, werden wir jährlich neue Temperaturrekorde aufstellen, statistische Projektionen korrigieren und weitere Todesopfer beklagen. Konnte ja alles keiner ahnen.
Quelle: Zeke Hausfather Bild: AP/Alamy Stock EN www.carbonbrief.org
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