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Die Karriere eines Arbeiterkinds und Bourdieus "feine Unterschiede"
Autorin
Kurator'in für: Zeit und Geschichte Fundstücke
Michaela Müller, in Dachau geboren, studierte Politikwissenschaften, Zeitgeschichte und Geschichte Asiens in Berlin. Sie schreibt über Menschenrechte, Migration und Ostafrika. Aufenthalte in Kenia, New York, Paris, Somalia und Somaliland. Bücher/Essays: Vor Lampedusa (2015), Auf See. Die Geschichte von Ayan und Samir (2016). Für piqd wählt sie Texte über die Geschichte des Holocaust, Arbeitergeschichte, Migration und Mentalitätsgeschichte aus.
Zum 90. Geburtstag des Soziologen Pierre Bourdieu sind eine Reihe von Beiträgen erschienen. Eine ausführliche Rückschau auf sein Werk hat Achim Engelberg hier zusammengefasst.
Auf einen Text des Autors und Sozialwissenschaftlers Ingar Solty möchte ich noch einmal gesondert hinweisen. Er beschreibt darin das Leben seines Vaters durch die Brille der Theorie Pierre Bourdieus.
Soltys Vater, Sohn eines Landarbeiters und einer Dienstbotin aus Masuren, wuchs in Mönchengladbach auf und besuchte ein Gymnasium, als einziger aus der Siedlung.Das bürgerliche Gymnasium – mein Vater ging auf das mathematisch-naturwissenschaftliche in der Lüpertzender Straße – war für das Arbeiterkind ein Schock. Es fing mit den Lerninhalten an, aber endete dort nicht, im Gegenteil. Das Gymnasium brannte meinem Vater eine Negatividentität ein, die er mit einer Mischung aus Scham und Stolz bis heute trägt: »Prolet, Flüchtling, Protestant«.
Er beschreibt, wie seinen Vater die Fremdheit, das Abarbeiten, Anpassen und die Auseinandersetzung mit der bürgerlichen Welt prägte. Er beschreibt diesen Kampf, den Arbeiterkinder, die sich akademischen Milieus bewegen, immer führen müssen:
Gegen die Verunsicherung und Scham, dass man aus weniger gebildeten Verhältnissen kam und bestimmte Dinge nicht kannte oder noch nicht wusste, die für die Bürgerkinder selbstverständlich waren, weil sie sie am Abendbrottisch aufgeschnappt oder ihre Eltern sie ins Theater, Museum oder klassische Konzert mitgeschleift hatten, während man selbst mit den Onkeln bei »Boh-russja« im Stadion gewesen war. (…) Gegen die empfundene Peinlichkeit angesichts der einfachen Sprache der Verwandtschaft, ihrer Geschmäcker und schlichten Wohnverhältnisse. (...) Gegen Verdächtigungen und Anfeindungen seitens der Verwandten und Nachbarskinder, die auf die Hauptschule gingen, und ihre Vorwürfe, man halte sich wohl plötzlich für was Besseres und verrate sein Umfeld. (...) Gegen den emotionalen Stress und die psychische Anstrengung, sich täglich in einer feindlichen Umwelt zu bewegen.
Quelle: Ingar Solty Bild: Wolfgang Hub/dpa www.jungewelt.de
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Gut, dass Du den Artikel bringst.
Da ich schon so viele Links hatte, verzichtete ich auf ihn.
Hier der Beitrag nochmal als PDF von der Webseite des Autors: file:///C:/Users/Medion/AppData/Local/Temp/Bourdieu_und_mein_Vater_Bourdieu_and_My-1.pdf
Dieser Beitrag, ein Link vom Suhrkamp-Spezial, passt gut zum Artikel von Ingar Solty: https://www.youtube.co...