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Studium der Philosophie, Politikwissenschaft und Geschichte in Freiburg und Paris, Promotion in Frankfurt am Main. Er lehrt Politische Theorie und Ideengeschichte an der Universität Siegen und lebt als freier Autor und Dozent in München. Radiobeiträge für Bayerischer Rundfunk, Deutschlandfunk und Südwestrundfunk, Artikel unter anderem für Blätter für deutsche und internationale Politik, Der Freitag, Jungle World, Telepolis.
Jüngste Buchveröffentlichungen: Richtig falsch. Es gibt ein richtiges Leben im falschen (2019); Kulturarbeit. Progressive Desillusionierung und professionelle Amateure (2022)
Dieser Bericht handelt von der heftigen Kontroverse in Zürich um die Frage, ob die Maag-Hallen in Zürich-West abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden sollen. Die ehemaligen Industriehallen werden seit längerem durch Kulturveranstaltungen genutzt. Gegen die Pläne der Eigentümerin des Areals, eine Immobilienfirma, formiert sich immer breiterer Widerstand.
Der Streit ist von grundsätzlicher Bedeutung, führt er doch an einem konkreten Beispiel eine Frage ganz allgemeiner städtebaulicher, kultureller, ökonomischer und ökologischer Bedeutung vor:
Der Plan, funktionierende Strukturen zu zerstören, um sie danach mit immensem Ressourcenaufwand wieder zu ersetzen, sorgt seit Monaten für Unmut.
Nicht nur stehen sich in dem Streit paradigmatisch zwei Schulen der Architektur gegenüber, eine konventionelle, die für das ökonomisch und ökologisch gleichermaßen überholte Modell von Abriss und Neubau steht (hier vertreten durch den Wettbewerbsgewinner Sauerbruch und Hutton) – und eine städtebaulich wie ökologisch gleichermaßen avantgardistische von Substanzerhalt und Umbau (vertreten durch die Gewinner des Pritzker-Preises Lacatton und Vassal).
Darüber hinaus führt der aktuelle Fall des Maag-Areals an einem konkreten Beispiel die politisch, politökonomisch und kulturell fundamentale Bedeutung von Architektur und Urbanismus vor. Architektur erscheint hier als Gedankenmodell in actu: Anhand der Alternative Neubau oder Umbau werden sieben normalerweise getrennt behandelte Dimensionen in ihrer Verschränkung deutlich:
Bodenrecht und Immobilienwirtschaft; die ökologische Bedeutung des Bauens; die Modalitäten von Wettbewerbsausschreibungen und die Zusammensetzung von Juries; die Auseinandersetzung um die Definition des Berufs des Architekten; nationales Baurecht und lokale Bauverordnungen; Stadtentwicklungspolitik; und schließlich die Rolle der Öffentlichkeit als Motor innovativer Debatten im urbanen Kontext.
Das Zürcher Beispiel lehrt, dass all diese Dimensionen rechtzeitig zusammengedacht und zusammengebracht werden müssen, wenn man verhindern will, dass weiterhin in Zukunft die zentralen Kontroversen der Stadtentwicklung immer erst zu einem Zeitpunkt publik werden und diskutiert, wo es eigentlich schon fast zu spät ist – und wo die Gruppe derer, die gegen ein Neubauprojekt protestieren, dann leicht als rückwärtsgewandt und realitätsfremd hingestellt werden kann. Darum ist die eigentlich bemerkenswerte Nachricht aus Zürich die, dass es den nun um den Schweizerischen Architektenverband angewachsenen Gegnern des Abrisses gelungen ist, das Zürcher Stadtparlament dazu zu bringen, die Bauvorschriften dahingehend zu ändern, dass in Zukunft nicht mehr wie heute baurechtlich die städtebaulich, kulturell, ökonomisch, ökologisch und klimapolitisch sinnvollere Variante von Umbau und Erhalt die schlechteren Karten hat im Vergleich zur Variante von Abriss und Neubau.
Quelle: Isabel Pfaff Bild: imago stock & people www.sueddeutsche.de
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