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"Wie kann die Klimakrise gelöst werden?" ist die Frage, die mich am meisten beschäftigt. Ich bin Mitglied von RiffReporter, einem Autorenkollektiv und einer Genossenschaft für freien Journalismus.
Vorweg: Ja, Erdgaskraftwerke werden als schnell regelbare Kraftwerke in unserem Energiesystem noch eine ganze Weile eine Rolle spielen. Sollte Erdgas deswegen als sauber gelten: Nein. Denn bei der Erdgasförderung wird Methan emittiert, ein hochaktives Klimagas.
Im Moment wird aber genau das gerade auf EU-Ebene verhandelt. Es geht um die sogenannte EU-Taxonomie. Die Europäische Kommission will mit einem Kennzeichnungssystem für Investitionsmaßnahmen dafür sorgen, dass in der Europäischen Union mehr Geld in nachhaltige Tätigkeiten und Infrastruktur fließen. Industrien und Unternehmen erhalten dann für alle oder einen Teil ihrer Aktivitäten ein "nachhaltiges" Label.
Anleger sollen so in die Lage versetzt werden, eindeutig zu wissen, ob ihre Gelder in nachhaltige Technologien oder Unternehmen fließt. Das gleiche gilt für staatliche Investitionen, also letztlich Steuergelder.
Die deutschen Sozialdemokraten scheinen sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass Investitionen in Erdgas (also Kraftwerke, Pipelines, etc.) als nachhaltig gelten.
Gas spiele eine wichtige Rolle bei der Umstellung auf saubere Energie, was sich "natürlich in der Taxonomie widerspiegeln sollte", sagte der deutsche SPD-Gesetzgeber Bernd Westphal bei einer Veranstaltung des Think-Tanks Agora Energiewende in Berlin.
Erdgas könne zum Beispiel zur Reduzierung von Eisenerz in der Stahlindustrie verwendet werden, sagte Westphal und erklärte, dass "Erdgas um die Hälfte sauberer ist als die Stahlproduktion mit Kokskohle in einem Hochofen".
Das ist nicht falsch, es gibt allerdings Unternehmen, die bereits erfolgreich damit experimentieren, Stahl mit grünem Wasserstoff zu produzieren. Das wäre dann ganz CO2-frei. Weshalb also einen klimaschädlichen Zwischenschritt begünstigen?
Gleiches gilt für den Wärmemarkt.
"Das gilt auch für die Nutzung von Erdgas zur Strom- und Wärmeerzeugung. Dies erfordert eine sinnvoll gestaltete EU-Taxonomie, auch im Hinblick auf die Rolle des Erdgases. Für die Versorgungssicherheit und wettbewerbsfähige Preise ist es unerlässlich, Erdgas als letzten fossilen Rohstoff als Brücke in das regenerative Zeitalter zu nutzen", sagte er.
Die deutsche Wärmeversorgung ist leider in der Tat noch massiv von Erdgas abhängig. Aber es gibt Alternativen, wie etwa elektrisch betriebene Wärmepumpen. Warum also ein Problem weiter manifestieren, in dem man es fördert?
Dazu kommt ein weiteres Thema. Der EU-Vorschlag für die Taxonomie umfasst bislang 13 Sektoren, lässt aber die Themen Atomkraft und Erdgas noch außen vor. Für sie wird in den kommenden Monaten ein separater Vorschlag erwartet.
Für ein nachhaltiges Label für die Atomkraft setzt sich unter anderem Frankreich ein, weil der Staat bislang stark von dieser Energieerzeugung abhängt. AKW emittieren im laufenden Betrieb kein CO2, allerdings ist die sichere Endlagerung der Brennstäbe über Jahrhunderte ein bislang ungelöstes Problem. Viele Menschen halten es für fragwürdig diese Form der Energieerzeugung als sauber zu labeln. Zumal ein weiterer Ausbau, ganz ähnlich wie der Fokus auf Erdgas, sehr wahrscheinlich den weiteren Ausbau der Erneuerbaren ausbremst. Deutschland, das einen Atomausstieg gesetzlich beschlossen hat, spricht sich entsprechend gegen die Aufnahme von Atomkraft in die Taxonomie aus.
Aber, ich zitiere Christoph Bals, Policy Director bei der NGO Germanwatch:
Liebe SPD, euch ist schon klar, dass Ihr damit indirekt auch die #Atomenergie in die #Taxonomie hereindrückt? Entweder kommt beides rein oder raus, oder?
Zudem gleichen Fazit kommt der Euractiv-Text.
Da Deutschland und Polen darauf bedacht sind, Gas als "Übergangs"-Brennstoff in die Taxonomie aufzunehmen, könnte sich eine große Übereinkunft abzeichnen, die sowohl der Kernenergie als auch dem Gas eine gewisse Anerkennung auf dem Weg zur Klimaneutralität verschaffen würde.
Quelle: Nikolaus J. Kurmayer/Frédéric Simon Bild: Agora Energiewend... www.euractiv.de
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Michael Sauga hat in Spiegel online (19.10.) eine köstliche Kolumne mit dem Titel "Brüssels gefährlicher Bürokraten-Plan fürs Klima" geschrieben. Der Einstieg beginnt mit der Satire des israelischen Erzählers Ephraim Kishon, wo sich ein entflohener Geisteskranker einen Presslufthammer schnappt und die Hauptverkehrsstraße Tel Avivs aufzureißt. Es geht um die Parabel einer fehlgeleiteten Bürokratie. Ihr zerstörerisches Agieren wird als grandiose Aufbauleistung dargestellt.
Dann geht der Autor auf die Pläne der EU-Kommission zur Taxonomie ein. Im politischen Tauschgeschäft hat Schweden und Finnland erreicht, dass der Einsatz von Holz zur Stromgewinnung als CO2-neutral gilt. Auch der Erdgas-Einsatz soll nach dem Willen vieler Osteuropäer als ökologisch wertvoll gelten. Aber damit nicht genug: Die Taxonomie führt dazu, dass auf fossilen Rohstoffen basierenden Unternehmen von den Anlegern als unterbewertet und profitabel angesehen werden. Geschäfte fossiler Hedgefonds werden auf diese Weise befeuert.
Die Pläne der EU-Kommission stellen ein weiteres Beispiel von Überregulierung dar, die ein Marktergebnis erzeugt, das man geradezu vermeiden wollte. Und wenn es mit der Klima-Taxonomie vorbei ist, kommt die Sozial-Taxonomie, die gerade konsultiert wird. Hier wird also nicht nur eine Verkehrsstraße aufgerissen, sondern ein ganzes Kanalnetz, wie Michael Sauga treffend dargestellt.