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Redakteur für das Games-Bookazine WASD und Computerspiel-Experte vor verschiedensten Bücherregalen im TV und Radio. Daneben doziert er regelmäßig auf Tagungen und Festivals sowie an Hochschulen mit Fokus auf digitale Spiele. Seine Texte über die Teilhabe an virtuellen Welten, die Ideologie von Spielmechaniken und die Kultur von Computerspielen erscheinen unter anderem in wissenschaftlichen Fachpublikationen, in diversen Kulturmagazinen sowie bei ZEIT ONLINE. Damit er nicht nur vor dem Monitor hockt, trägt das bekennende Sozialhilfekind die Kritik an unfairen Regelsystemen ebenso zurück in die gesellschaftliche Realität. Ihn interessieren Diskurse der ökonomischen Nützlichkeit marginalisierter Gruppen und die Bedingungen des »Mitspielens« am soziokulturellen Leben.
Was er sonst noch so treibt, lässt sich auf seinem Blog nachlesen: www.schauanblog.de
Eine Anekdote vorweg: Als Kind einer alleinerziehenden Mutter, die bis zu ihrer Rente von staatlichen Transferleistungen abhängig war, besuchte ich vor wenigen Jahren den Geburtstag einer Freundin. »Finanziell läuft es leider gerade sehr schlecht«, klagte einer der anderen Gäste beim Essen. Ich wollte mich schon solidarisch zeigen, aber dann folgte: »Dieses Jahr müssen wir auf dem Schwarzen Meer segeln gehen. Mittelmeer ist nicht mehr drin.« Eine Diskussion darüber, was es heißen kann, wenn es finanziell schlecht läuft, habe ich mir verkniffen.
Dass eine solche Diskussion einmal sinnvoll sein könnte, verdeutlicht jedoch der vorliegende Piq, der zwar schon ein paar Monate alt ist, aber an Aktualität nur gewonnen hat. Denn soziale Gerechtigkeit wird wohl eines der großen Themen der kommenden Bundestagswahl werden. Aber wie darüber reden, was gerecht ist, wenn in der Bevölkerung zum Teil völlig konträre Vorstellungen davon bestehen, wer genug hat und wer zu wenig? Kolja Rudzio untermauert dieses Problem in der ZEIT mit mehreren Studien:
Das zeigt zum Beispiel eine Umfrage der Industrieländerorganisation OECD, an der weltweit bereits mehr als eine Million Menschen teilgenommen haben. Überall ergab sich das gleiche Muster: Die Reichen halten sich für ärmer, als sie sind, und die Armen für reicher. Offenbar neigen alle Menschen dazu, sich zur Mittelschicht zu zählen. Bei den Armen kann man sich das so erklären, dass sie mit dieser verzerrten Sicht ihr Selbstwertgefühl steigern. Psychologen sprechen von self-enhancement. Womöglich verringert umgekehrt mancher Wohlhabende ein aufkommendes Unwohlsein, wenn er sich einredet, gar nicht so vermögend zu sein.
Und diese Diskrepanz zwischen der realen und der nur gefühlten Einkommensverteilung entfaltet politische Wirkung. Wer sich trotz Armutsgefährdung für wohlhabend hält, beklagt sich zu selten. Und wer sich trotz Wohlstand zu den Armen zählt, entsolidarisiert sich, so zeigen Studien, sobald es ernst wird. Das Mittelmeer ruft.
Quelle: Kolja Rudzio zeit.de
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