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Liebe, Sex und Wir

Ist "Sexualität" nur ein Phänomen der bürgerlichen Epoche?

Antje Schrupp
Politikwissenschaftlerin, Journalistin
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Antje SchruppSonntag, 15.12.2019

Was wir heute unter "Sexualität" verstehen, ist nach Ansicht des Historikers Philipp Sarasin ein Konzept, das erst vor rund 250 Jahren, nämlich mit Beginn der bürgerlichen Moderne, entstanden ist. Galt vorher der Geschlechtsakt in christlicher Tradition als etwas, von dem sich Menschen möglichst fernhalten sollten, als etwas tierisch-problematisches, das nur zum Zweck der Fortpflanzung in Kauf zu nehmen sei, bekam "die Sexualität", wie das Phänomen nun genannt wurde, ab dem späten 18. Jahrhundert eine gesellschaftlich-kulturelle Bedeutung zuerkannt. Diese Entwicklung diente allerdings nicht nur zur Befreiung von kirchlichen Zwängen, sondern auch zur Zementierung von Geschlechterstereotypen, insofern Erotik, Lust und Sextrieb als etwas galten, wodurch sich Frauen und Männer wesentlich unterscheiden. Im 20. Jahrhundert dann rückte Sexualität, ausgehend von Freud, noch weiter ins Zentrum des Menschseins vor, bis sie dann schließlich sogar zum Dreh- und Angelpunkt menschlicher Befreiung und Freiheit wurde.

Und heute? Heute könnte das Zeitalter der Sexualität vielleicht seinem Ende entgegen gehen. Denn die klassischen Binaritäten, die dafür zentral waren, lösen sich auf, ebenso wie Körper, Lust und Identitäten sich wieder mehr voneinander lösen. Eine interessante Perspektive, die gegenwärtige Debatten in einen historischen Rahmen stellt. 

Ist "Sexualität" nur ein Phänomen der bürgerlichen Epoche?

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