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Kurator'in für: Fundstücke Volk und Wirtschaft Liebe, Sex und Wir Feminismen
Antje Schrupp ist Politikwissenschaftlerin, Journalistin und Sachbuchautorin. Sie beschäftigt sich vor allem mit der politischen Ideengeschichte von Frauen und insbesondere mit feministischer Wirtschaftsethik. Ihr aktuelles Buch "Reproduktive Freiheit. Eine feministische Ethik der Fortpflanzung" erschien 2022. Sie bloggt unter www.antjeschrupp.com.
Vor zwanzig Jahren erschien Silvia Federicis Buch "Caliban und die Hexe", in dem sie die Hexenverfolgungen in Europa als "Krieg gegen die Frauen" beschreibt und in einen Zusammenhang bringt mit der Entstehung des Kapitalismus und der Kolonialisierung. Das Buch ist immer noch ein feministischer Hit, insbesondere in Zusammenhang mit der Care-Krise und dem Bemühen, Haus- und Sorgearbeit in ökonomische Analysen einzubeziehen.
Doch aus historisch-wissenschaftlicher Perspektive sind die grundlegenden Thesen Federicis nicht haltbar, meint die Baseler Historikerin Claudia Opiz Belakhal. Zumal diese bereits zu Zeiten der Frauenbewegung der 1970er und 1980er Jahre entwickelt worden seien und für das Buch nicht wirklich einer Revision unterzogen wurden.
So lasse sich nicht belegen, dass Hebammen - und damit jene Frauen, die Wissen über Geburten und Schwangerschaften hatten - besonders stark verfolgt worden seien. Die Vermutung, bei den Hexenverfolgungen sollte weibliches Wissen über die Reproduktion zerstört werden, um die Geburtenraten zu steigern, lasse sich nicht erhärten. Auch die Bezeichnung "Krieg der Frauen" findet Opitz Belakal falsch - zwar seien mehr Frauen als Männer unter den Opfern gewesen, auf der Seite der Ankläger*innen standen aber ebenfalls viele Frauen.
Federici werte die Quellen selektiv aus und differenziere nicht genug, so Opitz Belekal.
Da werden Zusammenhänge behauptet, die man nicht beweisen kann. Phänomene, die zeitgleich passieren, müssen eben nicht dieselbe Ursache haben. Das ist eine der Hauptschwächen von Federicis Buch: Es wird alles passend gemacht.
und:
Sie kommt aus ihrem gedanklichen Gerüst, demzufolge alles zusammenhängen und auf den heutigen Zustand der Welt und des Kapitalismus herauslaufen muss, nicht heraus. Und das ist ohne jeden Zweifel aus geschichtswissenschaftlicher Perspektive ein Problem. Weil wir als Historiker*innen ja davon ausgehen, dass Geschichte immer offen ist, dass es immer Alternativen und Widersprüche im gesellschaftlichen System oder im Handeln der Menschen gab.
Lesenswert!
Quelle: Claudia Opitz Belakhal, Milo Probst daslamm.ch
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Federici's analysis has been influential in retro bowl feminist thought, particularly in relation to the care crisis and the inclusion of domestic labor in economic analysis.
Ergänzend und zur Erweiterung sei dieser Artikel empfohlen: https://geschichtederg...
Ein Gespräch mit der amerikanischen Historikerin Monica Black. Interview: Svenja Goltermann
... Auch wenn wir Anschuldigungen wegen Hexerei mit der Frühen Neuzeit in Verbindung bringen, hörten solche Denunziationen eigentlich nie auf. Sie führten nach dem 18. Jahrhundert einfach nicht mehr zu großangelegten klerikalen Untersuchungen und Hinrichtungen. Seine Nachbarin oder seinen Nachbarn der Hexerei zu bezichtigen, war also weder ein unbekanntes Phänomen noch war es für Deutschland spezifisch. Die Frage allerdings ist: Warum dieser plötzliche Anstieg nach dem Zweiten Weltkrieg?
Anthropolog:innen und Historiker:innen, die sich mit dem Thema Hexen beschäftigen, würden sagen, dass Ängste vor Hexen – und Hexenvorwürfe – eher in Momenten der Instabilität und Unsicherheit auftauchen, in Momenten, die der Situation nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland sehr ähnlich sind. Im Grunde genommen ist die Beschuldigung, eine Hexe zu sein, gleichbedeutend mit der Beschuldigung, an einer Verschwörung beteiligt zu sein, sich mit dämonischen Kräften verschworen zu haben, um verdeckt Böses zu tun – um Schaden, Unglück und Krankheit zu verursachen. In diesem Sinne kann man den Vorwurf der Hexerei als einen Ausdruck des zwischenmenschlichen und gemeinschaftlichen Konflikts verstehen.
Dass es da Zusammenhänge gibt - klar. Auch wird es individuell zutreffend gewesen sein, Frauen 'loszuwerden'. Aber systematisch und gezielt? Das behauptet ja eine große Verschwörung - und das gäbe den damaligen Gruppen viel zu viel Macht und Planungsfähigkeit.
Selbe Autorin, ein weiterer hörenswert-nüchterner Blick auf dieses "heiße Thema" Hexen aus dem Programm des Deutschlandfunks, Mitte 2023, hier: https://www.deutschlan...
Ah interessant. Ich las gerade "Marschlande" von Jarka Kubsova, in dem es um eine Abelke Bleken, ein Großbäuerin geht, die im 16. Jahrhundert wohl systematisch von Hamburger Kaufleuten enteignet und dann als Hexe verbrannt wurde. In dem Buch wird eigentlich genau diese These vertreten.
Danke. Sehr interessant. Das ist das Problem mit vielen Erzählungen, es wird zuviel passend gemacht. Sicher hängt alles irgendwie mit allem zusammen. Aber nie nur in einer Richtung, immer ist es eine "chaotische" Wechselwirkung sich ergänzender oder konterkarierender Kräfte und Interessen.