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Medien und Gesellschaft

Twitter verbietet, Facebook erlaubt (fast) alles: Der leidige Tanz um politische Online-Werbung

Alexander Sängerlaub
Publizist, Journalist, Utopist

Programmleiter Zukunft des Journalismus am Bonn Institute & Direktor futur eins

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Alexander SängerlaubDonnerstag, 31.10.2019

Zwei Artikel und ein Twitter-Thread möchte ich euch diesmal ans Herz legen. Beginnen wir damit, dass Mark Zuckerberg letzte Woche mal wieder im US-Kongress geschmort (war auch Thema hier bei piqd) wurde, u.a. auch zum Thema politische Wahlwerbung (netzpolitik.org). Facebook übernimmt natürlich wenig Verantwortung und Schuld sind im Zweifel die von Facebook beauftragten Dienstleister. Besonders viel Entsetzen löste dabei vor allem Folgendes aus:

So sorgt die jüngste Bekräftigung Facebooks, Postings und Werbeschaltungen von Politikern nicht auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen, für helle Aufregung in einem Land, in dem der derzeit amtierende Präsident ständig neue Lügenrekorde aufstellt.

Das führte soweit, dass auch einige Mitarbeiter die Nase vom fehlenden Veranwortungsbewusstsein des eigenen Konzernchefs gestrichen voll hatten und daher vier Tage später in der New York Times eines offenen Brief veröffentlichten, indem sie Zuckerberg in sechs Punkten zum Handeln auffordern. Mit dabei einige gute Forderungen: Wie die Nutzung von sensiblen Daten für politische Werbung zu verbieten, als auch politische Werbung besser mittels Design von anderen Werbeformen abzugrenzen. Ihre Begründung war ziemlich stark: "Free speech and paid speech are not the same thing."

Den Satz nahm sich auch Jack Dorsey, Chef von Twitter, zu Herzen, und überraschte vorgestern mit einem Paukenschlag: Twitter verbannt zukünftig politische Werbung jeder Art von der Plattform (den Thread habe ich euch empfohlen). Klar, ist Twitter nur ein kleiner Fisch im Online-Werbemarkt, aber die Ansage ist deutlich.

Der eigentliche Skandal ist jedoch ein anderer: Der mangelnde Regulierungswille der Politik allerortens. Denn verbindliche Regeln für den Online-Wahlkampf – wie wir sie beispielsweise aus der analogen Welt kennen (z.B. die Disclaimer zu politischen Wahlspots im Fernsehen) – könnte es auch im Netz schon längst geben. Bis es die gibt, ist "Abschalten" sicher die beste Wahl.


Twitter verbietet, Facebook erlaubt (fast) alles: Der leidige Tanz um politische Online-Werbung

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Kommentare 3
  1. Silke Jäger
    Silke Jäger · vor 5 Jahren

    Meine Befürchtung ist, dass die Forderung "Die Nutzung von sensiblen Daten für politische Werbung zu verbieten" verhallen wird, weil zu abstrakt bleibt, was das bedeutet. In D ist das Problem auch nicht ganz so groß wie in Ländern, in denen Kampagnen Daten aus Wählerverzeichnissen und FB-Daten zwecks Profilbildung und Musteranalysen kombinieren können. Aber selbst in den Ländern, in denen knappe Wahlsiege von politischen Kräften, die solche Methoden genutzt haben, sichtbaren Schaden anrichten oder gewaltsame Ausschreitungen gegen Minderheiten (mit-)provoziert haben, entsteht erst langsam ein Bewusstsein dafür, welche Rolle diese Praxis dabei spielt. Kein Wunder, FB mauert in diesem Punkt auch ziemlich.
    Glaubst du, dass FB ähnlich auf Kritik von innen reagieren könnte wie Google? Dass die Mitarbeiter:innen wirklich was in Gang setzen könnten? Denn im Moment scheint der Politik ja der Wille zu fehlen, genügend Druck aufzubauen oder konkrete Gesetze in Angriff zu nehmen.

    1. Alexander Sängerlaub
      Alexander Sängerlaub · vor 5 Jahren

      Deutschland kann hier aber Vorreiter werden – gerade weil das Problem hier noch nicht so groß ist und sich die Parteien bei dem Thema kaum verbrennen können, Stichwort "easy win". In der Netzregulierung geht von Deutschland/Europa zunehmend Signalwirkung aus. In Amerika schaut man neidisch nach Europa, wenn es um die Regulierung der Plattformen geht. Von DSGVO bis NetzDG (auch wenn diese zuweilen eher zahnlose Tiger sind und einiger Nachbesserungsbedarf ist; sind sie immer noch besser als gar keine Regulierung). Druck von Innen hat bei Facebook leider bisher gar nichts gebracht, aber das ist auch nicht der Punkt: Es braucht einfach einen ordentlichen, rechtlichen Rahmen durch den Gesetzgeber – in der analogen Medienwelt haben wir den ja auch (z.B. Regulierung von Wahlkampfspots im Fernsehen). Man kann so ein Thema nicht einfach dem Gutdünken der Plattformen überlassen.

    2. Silke Jäger
      Silke Jäger · vor 5 Jahren · bearbeitet vor 5 Jahren

      @Alexander Sängerlaub Danke für deine Einschätzung. Das deckt sich ziemlich genau mit dem, was ich auch denke: Wahlwerbung muss überall reguliert werden. Und wohl auch im Netz sehr viel teurer werden ...

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