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Sachbuchautor über Romane in Berlin. Letzte Veröffentlichung: "Mein Leben als Tennisroman" (Blumenbar). Kolumne "Bad Reading" im Freitag (das meinungsmedium).
Das Buch beginnt mit dem besten ersten Satz für einen Roman, der - wie ja wohl das allermeiste gerade - ohnehin überwiegend an Computern spielt: "Arnold ging in die Einstellungen."
Und nur eine Seite später folgt die beste Plot-Zusammenfassung, im Protagonisten-Chat zwischen Arnold (im Zug nach Paris) und seinem Freund Veysel (zuhause):
Veysel schrieb: warum
Arnold schrieb: warum im zug?
Veysel schrieb: paris
Arnold schrieb: fliege von paris nach athen in zwei tagen. habe keinen flug von deutschland aus gefunden, der von paris hat 10 euro gekostet
Veysel schrieb: haha
Veysel schrieb: warum athen
Arnold schrieb: fahr zu odile , helfe da beim filmdreh, sie hat mich gefragt vor ein paar wochen
Veysel schrieb: wie helfen
Arnold schrieb: keine ahnung
Das Buch heißt "Park" (edition suhrkamp) und ist der Debütroman des jungen Marius Goldhorn (next generation Leif Randt). Es ist das perfekte Buch für diesen Krisen-Sommer (Pandemie, Hitze, Rückzug). Ich habe es letztes Wochenende an einem einsamen See out of Eberswalde gewissermaßen in einem Rutsch weggelesen: Unterbrochen nur von kurzen Positionswechseln (der Rücken, die Liege) und längeren Durchschwimmungen des dunklen Gewässers, bei denen ich mich bemühte, nicht an die Geschöpfe und Geister in der Tiefe zu denken (Fische spielen eine große Rolle in "Park") - wie sie einen mittelalten Typen in roter FC-Badehose von unten ins Visier nehmen.
Denn das Buch ist ein Wirkungstreffer. "Park" erzählt gleichzeitig lakonisch und lyrisch, in so was wie einem hellwachen Traumprotokollstil, der - Kompliment! - fast nie nervt, tatsächlich noch mal so was wie eine Liebesgeschichte. Arnold, Autor vor Erstveröffentlichung, verliebt sich in Odile, Filmkünstlerin mit Projekten. Beide 20somethings mit alten Namen, früh ercoolt: Permanenter Beobachtungs- und Bewertungsmodus, das superintensive Digital-Distanz-Ding, immer vor dem Sprung aufs nächste Level. Odile zieht nach London, Filmschool. Einen Sommer später die Einladung an Arnold, ihr beim Dreh in Athen zu helfen. Der Horror, allein schon die Vorstellung. Aber Arnold macht es, "kann nicht banal finden", was zwischen ihnen war.
Es folgt der Rest, um den es eigentlich geht: die kranke Hitze, die kranke Metropole, das kranke Selbst - 21st century Malte Laurids Brigge meets Salinger, lektoriert von Gordon Lish.
Also (Achtung, Klappentext) Larmoyanz ohne Jammern, Erkenntnis ohne Erlösung, Lust auf Untergang & Verfall - bei gleichzeitiger Befürchtung, dass doch alles gerade ganz okay ist. Und die Hoffnung, dass die Bettwanzenbisse aus dem Billighotel-Traum tatsächlich Andockstellen (oder wie das heißt) für die Alien-Matrix sind. Bitte in ganzen Sätzen selber lesen, danach noch lange mit Lesebrille auf den See wie ein Leben gestarrt.
Back home dann Ohrenschmerzen vom Tauchen, Mindstate Beirut in der Schreibwohnung (Dachausbau) und nur kleinere Abzüge in der B-Note:
Weil es so einfach ist, als literarischer Detektiv den beiden so ähnlich gestalteten Homepages von Arnold und Odile auf die Schliche zu kommen. Aber wenn man bei "Arnold G." auf das Fürst-Pückler-Eis klickt, kommen immerhin Romcom-Poems, die das Romangefühl noch mal schön auf den Punkt bringen:
aktiv
die probleme die ich habe / sind manchmal schwer zu ergooglen / ich kenne viele worte, aber ich kann sie nicht benutzen / noch nicht, denke ich, wenn ich einen tausendseitigen roman / beiseitelege, fünf neue emails von mir selbst, betreff: notiz / eine neue email von dir, betreff: vollmacht ausdrucken / wiki how: wie schaffe ich die grenzen ab? / ich habe das gefühl, ich bin der einzige mensch auf der welt / ich will erreichen, dass mich der bnd töten will / vielleicht wird das, das letzte sein, was ich mache / ich will dass es gut wird
Und die Playlist zum Roman (»Arnold nahm sein iPhone. Es war 22.10 Uhr. Er machte Some Rap Songs von Earl Sweatshirt an.« - siehe Hauptlink unten) ist ein bisschen zu geschmackssicher kuratiert (kein Drake, keine Taylor Swift). Aber da kommt man als Autor immer erst fünf Jahre später drauf.
Und die erste, sehr gut geschriebene Rezension (Christian Schärf in der FAZ, hier nachlesbar) stammt von seinem Prof aus Hildesheim. Aber das sagt nur viel über das Innere des Betriebs und muss uns draußen im Park vielleicht nicht weiter interessieren.
Und jetzt back to work, mit der Sommerphantasie Monika Maron und Lisa Eckhart schreiben zusammen einen identitätspolitischen Roman über Kanye West ("... they don't want Kanye to be Kanye").
Quelle: Marius Goldhorn Bild: privat www.logbuch-suhrkamp.de
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toller text, thx
Da sind sich die Literatenfunker*innen mal wieder einig. Marius Goldhorn zu Gast bei Dear Reader: https://www.piqd.de/su...
Wie abgedreht ist das denn? Mein erster Gedanke: zu lange in der Hitze gelegen, der Mann. Wobei einsamer See natürlich herrlich klingt.
Der Suhrkamp-Link führt ja tatsächlich zu einer playlist, gefüllt mit einigen äußerst abgedrehten, teils älteren, teils japanischen stücken. Wow, bin gespannt!