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Von der Traurigkeit unserer Gesellschaft der Abschiede
schreibt, kuratiert, gibt heraus
Kurator'in für: Flucht und Einwanderung Literatur Fundstücke Zeit und Geschichte
Dissertation über John Berger (Dr. phil.). Seine Essays und Interviews, seine Reportagen und Rezensionen erscheinen u. a. in Neue Zürcher Zeitung, Blätter für deutsche und internationale Politik, Sinn und Form, Jacobin und Lettre International. Als Historiker wertet er den in der Berliner Staatsbibliothek vorliegenden Nachlass seines Vaters aus. So erschienen »Die Bismarcks. Eine preußische Familiensaga vom Mittelalter bis heute« (2010, zusammen mit Ernst Engelberg) oder die von ihm herausgegebene Neuedition von Ernst Engelbergs »Bismarck. Sturm über Europa« (2014). Als Buchautor publizierte er zuletzt das literarische Sachbuch »An den Rändern Europas« (2021).
Abschiede gehören zum Leben - auch gerade in unserer vernetzten Welt.
Den unwillkürlichen Abschieden spürt Frank Witzel in mehreren Ansätzen nach. Entstanden ist ein schwebender wie geerdeter Essay. Er ist beispielsreich und verzichtet auf zu schnelle Antworten.
Für diesen erhielt er nun den Wortmeldungen-Preis.
Dieser ist einer, wenn nicht der wichtigste und höchst dotierte Essaypreis in unserem Land.
Im Link sind alle Nominierten mit ihren Texten zu sehen und zu lesen.
Die Jury begründete ihre Entscheidung für Witzel so:
Wo Gesellschaften sich immer stärker polarisieren und klare Schnitte von uns fordern, kommt der Literatur eine überlebenswichtige Funktion zu.
Das Schreiben, wie es Frank Witzels Essay Die Möglichkeit einer Micky Maus beleuchtet, wird zum Sensorium für all die übergangenen Einzelschicksale, die hingenommenen und ungesehenen Verluste des Lebens. In stets wiederkehrendem Selbstzweifel, doch mit erzählerischer Souveränität legt Witzel Schicht um Schicht den ethischen Kern des 'unwillkürlichen Abschieds' frei.
Er ist um uns, millionenfach, zum Beispiel überall dort, wo von Flucht, wo von Migration die Rede ist, die sich handkehrum in Statistiken verwandelt. Was Abschiede mit Menschen machen, wie wir uns ihnen nähern können, ohne sie zu trivialisieren – das lehrt uns dieser Text.
Es geht Witzel um das Einzelschicksal, das nicht in der Masse oder der Statistik eingeebnet werden sollte, um die feinen Risse im Leben, die sich zu Brüchen entwickeln, entwickeln können, zu greifen, zu begreifen.
Hängt das Grad von Traurigkeit einer Gesellschaft damit zusammen, wie sie mit Abschieden umgeht?
Und hier gibt es den Siegertext als PDF. Im Juni erscheint als Büchlein im Berliner Verbrecherverlag.
In den vergangenen Jahren stellte ich schon zwei andere Preisträgerinnen vor: Volja Hapeyeva nämlich hier und Kathrin Röggla empfahl ich mit diesem Pick.
Wer beide Texte mit jahrelangem Abstand liest, erkennt deren Qualität. Beide Autorinnen übersetzten wie viele der Nominierten und der diesjährige Preisträger Frank Witzel
Verwerfungen unserer Zeit kongenial in literarische Bilder.
Quelle: Frank Witzel u . a. www.wortmeldungen.org
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